Musikvideos
von 1987-1991
Das Stichwort "wie blöd man damals doch war" aus dem letzten Kapitel (Die Anfänge) ist eine gute Überleitung zu den Musikvideos, die ich und "die Jungs" in den Jahren danach produziert haben. Ende der 80er war ich noch hellauf begeistert davon, bis irgendwann SOGAR ICH bemerkt habe, dass wir mit diesen Playback-Musikvideos unser lächerliches Möchtegern-Rockstar-Gehabe aus unseren 1986er-Filmen nur noch weiter auf die Spitze treiben.
Die zahlreichen Playback-Bandauftritte, bei denen meist ich der (Playback-)Sänger war, waren für mich damals DAS Highlight aus unseren 1986er-Filmen und das ging nicht nur mir so. Wir haben uns damals alle gerne als "Rockstars" gesehen und das, ohne wirklich Musik machen zu müssen und einfach die "coolsten Songs der damaligen Zeit" her nehmen zu können. War damals schon irgendwie "praktisch" für uns.
Es waren vor allem meine Kumpels Dietmar Rohrer und Hannes Riedmann, die in den kommenden Jahren meine "Hauptmitstreiter" bei den diversen Musikvideoprojekten waren. "Shabby Madmen" nannten wir unsere "Playback-Musikvideo-Band" treffenderweise. (Alleine beim Wort "Playback-Musikvideo-Band" zieht es mir heute noch alle Eingeweide zusammen).
"Wie viele Musikvideos wir damals gemacht haben weiß keiner - will aber auch keiner wissen!"
Das war die letzten 25 Jahre meine Standardaussage über diese Zeit. Inzwischen ist der Abstand zu "anno dazumal" so groß geworden, dass ich auch mal wieder drüber lachen kann, wie viel sinnlose Zeit meiner Jugend ich damit "vergurkt" habe.
Zu unserer Verteidigung kann ich allerdings anbringen, dass Playback-Musikvideos zu der Zeit absolut "angesagt" waren, denn damals war die Popularität von MTV am höchsten und damals hieß es schon nicht mehr "Hast Du den neuen Song von XY schon gehört?" sondern "Hast Du das neue Video von XY schon gesehen?" MTV konnte man damals bei uns noch gar nicht empfangen, aber dafür gab es den "Super Channel", der auch viele Stunden am Tag durchgehend Musikvideos spielte. Der "Höhepunkt" meiner/unserer "Musikvideo-Karriere" war dann, dass dieser "Super Channel" zwei unserer Musikvideos in einem "Amateur-Musikvideo Feature" ausgestrahlt hat. Natürlich nur ein einziges Mal irgendwann am Nachmittag, in mieserabler Bildqualität und auf 1,5 Minuten gekürzt, aber so mancher von uns ist da halb ausgeflippt, sich selber im Fernsehen zu sehen, als hätten wir grad 12 Oscars am Stück gewonnen.
Der "Super Channel" ging dann übrigens etwas später Pleite ...
Es war schon eine andere Zeit damals. Aus heutiger Sicht war im Fernsehen alles viel primitiver und diesen Standard haben wir uns damals zum Vorbild genommen. Das merkt man, wenn man heute auf ORF III auf so manchen alten Film aus den 80er Jahren stößt, wie z.B. die alten "Kotan ermittelt" Filme mit Lukas Resedarits, die damals extrem populär waren. In diesen Filmen kam andauernd "Kotans Kapelle" vor und die haben auch nichts anderes gemacht, als nur Playback-Rumgepose zu Liedern, die ganz andere Leute gesungen haben. Auch auf den damaligen Maturabällen waren Playback-Auftritte zu bekannten Hits ein Standardprogrammpunkt und meistens kamen diese Programmpunkte sogar von den Lehrern.
Den großen Unterschied zwischen solchen Playback-Auftritten der Lehrer oder "Kotans Kapelle" zu dem, was wir in unseren Musikvideos gemacht haben, hat damals aber niemand von uns "geschnallt":
Wenn ältere Leute Playback-Auftritte gemacht haben - idealerweise mit Tennisschlägern und Mülleimern statt richtigen Instrumenten - dann war es WITZIG, weil sie Rockstars PARODIERT haben. Aber wenn jüngere Leute wie wir das machten - und zwar möglichst realistisch mit richtigen Instrumenten - dann war das einfach ein "Möchtegern-Rockstar-Gehabe" und dann war das PEINLICH.
Dass da irgendwo die Grenze zwischen WITZIG und PEINLICH verläuft und wir die irgendwann meilenweit überschritten haben, war mir damals lange nicht bewusst.
Ganz im Gegenteil. Ich hab mich damals immer mehr in die musikvideo-typische, rhythmische Schnitttechnik und Videobildeffekte rein gearbeitet und wollte die Videos so professionell wie nur möglich machen und (fast) ALLE die hier mitgespielt haben, wollten in den Videos so cool und professionell wirken, wie man es aus dem Fernsehen kannte. Es war für mich auch leichter für Musikvideos "Schauspieler(innen)" zu finden als für unsere Filme, weil das damals so populär war.
Die reichlich kuriosen Endprodukte, die da raus kamen, waren Musikvideos, bei denen man zwar sagen konnte: "Eigentlich gut gemacht und wirkt schon recht professionell ... aber ... naja ... sind halt doch nur ein paar Playback-Fuzzis und nicht die Leute die das Lied wirklich singen/spielen".
Zu meiner Schande muss ich zugeben, mir begann das schon 1989 bewusst zu werden, aber weil ich's nicht wahr haben wollte, wie viel sinnlose Zeit ich da schon rein gesteckt habe, hab ich es einfach verdrängt und 1991 nochmal ein Musikvideo gemacht und zuletzt 1993 nochmal eines für unseren damaligen Film "So Nicht". Ich kann mich noch gut an unseren aller letzten Musikvideo-Drehtag erinnern, als ich mit meinem Kumpel Bernhard Linder (der damals schon eigene Musik gemacht hat) am 30. April 1993 mit Langhaar-Perücken und E-Gitarren bewaffnet, neben den Gleisen des Wiener Vororte-Bahnhofs Penzing stand und wir beide vor (auffällig langsam) vorbeifahrenden Zügen die verrücktesten Rockstar-Posen abgezogen haben, bis uns ein Bahnhofsmitarbeiter dort verjagt hat.
"Kollege Bernhard" sagte da schon den ganzen Tag: "Was machen wir bitteschön da? Wir posten zur Musik anderer. Wie alt sind wir denn eigentlich?" Dennoch hab ich das Video dann fertig gemacht und in die Ur-Version unseres damaligen Filmes "So Nicht" eingebaut. Doch gleich nach der ersten Vorführung kamen dann die eigentlich völlig vorhersehbaren Kommentare: "Du der Film ist ja witzig, aber das Musikvideo passt da nicht wirklich rein oder?". Ich hab dann eingesehen "Kollege Linder hatte doch recht" und seit dem hab ich nie mehr ein Musikvideo gemacht.
Verrückt ist das eigentlich schon, denn ich wüsste wie's geht und danach hab ich auch angefangen eigene Musik zu machen, für die ich ja schon auch mal ein Musikvideo machen hätte können. Doch der Schock über die viele sinnlos verbratene Zeit von damals saß bei mir wohl so tief, dass ich seit dem nie mehr an Musikvideos anstreifen wollte.
Ich weiß zwar nicht, ob die Leute, die damals in unseren 7 (fertiggestellten) Musikvidoes mitgemacht haben, an dieser Stelle überhaupt erwähnt werden wollen, aber ich mach das mal, um die "für die Menscheit ungemein wichtige, historische Aufarbeitung" dieses Kapitels abzuschließen:
Dietmar Roher
Hannes Riedmann
Stefan Bickel
Joachim Mayer
Bernhard Linder
Sabine Furtenbach
Caroline Prenn
Sabine Mähr
Sonnja Tennhalter
Michael "Keil" Kert
Timo Bereuter
Wolfgang Beiter
Daniela Allgäuer
Ulli Schmied