Mustergeschäftsbrief 4
von George Wolf, aus dem Jahr 1990

an das
Finanzamt Nirgendwo

Fiskusgasse 4
0815 Nirgendwo 99

                                                                                                 Nirgendwo, am 31.02.92 bmw

Betr. Fragen zur Steuerreform

Liebes Finanzamt,

Da wir durch Radio und Presse nur recht spärlich über die ab 1.1.92 in Kraft getretene Steuerreform informiert wurden, und meine Frau strikt dagegen ist, daß wir uns einen Fernseher anschaffen, möchte ich Sie bitten, mir folgende Fragen betreffend der neuen Steuern zu beantworten:

1. LUFTSTEUER

Die Berechnung der neuen Luftsteuer ist mit klar. S 1,20 pro Kubikmeter von den Mitarbeitern eingeatmeter Luft. Berechnet mit dem Durchschnittsatemmengensatz von 15 m3/h. Meine Frage jedoch: Einer unserer Mitarbeiter leidet öfters unter Astmaanfällen. Sein Luftverbrauch ist daher zeitweise erheblich geringer. Kann für ihn ein niedrigerer Verbrauchssatz angesetzt werden?

2. IMMATERIELLE SACHBEZÜGE

Mir ist klar, daß ab 1.1.92 auch immaterielle Sachbezüge der Mitarbeiter, wie etwa gute Ratschläge oder Komplimente von diesen versteuert werden müssen. Meine Frage jedoch: Stellt es für unseren Verkaufsleiter Herrn Spanner einen immateriellen Sachbezug dar, wenn wir seiner Sekretärin ein kurzes Arbeitskleid mit tiefem Ausschnitt kaufen?

3. GESUNDHEITSSTEUER

Die Berechnung dieser Steuer ist mit klar. Pro Tag an dem ein Mitarbeiter vollkommen gesund zur Arbeit erscheint, werden S 350,-- vom Nettogehalt abgezogen und der Lohnsteuer hinzugerechnet. Unser Problem durch die Einführung dieser Steuer ist jedoch jenes, daß seit dem 1.1.92 regelmäßig etwa die Hälfte der Belegschaft krank ist und die andere Hälfte etwas unbeweglich ist, da merkwürdigerweise alle einen Gips tragen. Ich selbst habe auch einen.

4. MUNDGERUCHSSTEUER

Aufgrund der Tatsache, daß Mitarbeiter bei denen Mundgeruch festgestellt wurde ab 1.1.92 pro Tag S 320,-- mehr Lohnsteuer zahlen müssen, wollen sich nun nahezu alle unsere Mitarbeiter auf Bauchrednerkurse anmelden. Meine Frage: Sind diese in vollem Umfang als Betriebsausgabe anzusehen?

5. ERWEITERTE VERGNÜGUNGSSTEUER

Ab 1.1.92 wurde ja die Vergnügungssteuer dahingehend ausgeweitet, daß nun auch der zwischengeschlechtliche Austausch von Körperflüssigkeiten zum Zwecke der genital stimmulierenden Lustgewinnung verteuert wird (hier handelt es sich um die sogenannte "Bumssteuer"). Bei der Berechnung dieser Steuer für unsere Mitarbeiter haben wir jedoch zwei größere Probleme. Zum einen weigern sich einige Angestellte die Herren und Damen aus der Buchhaltung kontrollieren zu lassen. Zum anderen weigern sich einige seit Jahren verheiratete Mitarbeiter diese Steuer zu bezahlen, da die hiermit besteuernden Aktivitäten mit ihrem Ehepartner, ihrer Meinung nach, kein Vergnügen, sondern eine "Ausßergewöhnliche Belastung" darstellen, die sie demnach sogar von der Steuer absetzen wollen. Wie sollen wir reagieren?

6. NEUES BERECHNUNGSSCHEMA FÜR DIE UMSATZSTEUER

Um auch bei der Umsatzsteuer, wie bei der Einkommenssteuer, einen sozialen Ausgleich zu schaffen, wurde ja von der bisherigen Berechnungsform (=Nettobetrag + 20%) abgegangen und die folgende Formel eingeführt:

Alter in Tagen
- Karenzjahre abzüglich Schlafzeiten x Kinder nach $ 12
+ uneheliche Geschwister der Nachbarn nach §23
- Jahreseinkommen nach §4093.5a
+ Verbraucherpreisindex nach §78 des dem Vorjahr nachfolgenden Jahres
+ Anzahl Privathäuser x Dollarkurs + 14y (wobei "y" asynchron zu betrachten ist)
+ Schuhgröße in Australischen Inch
+ Brustumfang (nach §6) von Pamela Andersons jüngerer Schwester
+ Wohnraum in m2 x Anzahl der Verkehrsstrafen nach §87 im Vorjahr
- Koordinaten des Verkaufsortes nach §55
= Multiplikator x 15% des Fußgeruches (nach §0815)

Meine Frage: Warum keine Trennung nach Geschlecht?

7. SCHWARZARBEITERSTEUER

Ab 1.1.92 müssen ja auch Schwarzarbeiter Lohnsteuer zahlen, sowie bei der Gebietskrankenkassa für Schwarzarbeiter angemeldet werden. Meine Frage: Wo liegt nunmehr der Reiz der Schwarzarbeit wenn neben der normalen Lohnsteuer auch noch ein Schwarzarbeiterzuschlag bezahlt werden muß?

8. KREATIVITÄTSSTEUER

Ich stelle hiermit den Antrag diese Steuer wieder zurückzunehmen. Die Auswirkungen dieser Steuer auf unser Unternehmen sind jene, daß sämtliche Mitarbeiter aus unserer Entwicklungs- und Planungsabteilung nun in die Buchhaltung, zum Finanzamt oder zur Post wollen.

Ich bitte um rasche Rückantwort.

Mit freundlichen Grüßen,

Big Madwolf

 

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