Meine Anfänge im "Film" Bereich
1983 Platsch der Urfilm
Wenn ich mich mal älter machen will, als ich bin (was bei Leuten über 50 ja ganz normal ist), dann betone ich gerne, dass ich noch aus der "Stummfilmzeit" stamme, denn mein aller erster Film war tatsächlich ein Stummfilm. "Platsch - Der Urfilm" nannten wir ihn und es war eigentlich gar kein "Film" sondern ein "Video". Das hat sich auch bis heute nicht geändert, dass ich immer noch "Film" sage und damit "Video" meine.
Ich war damals 16 Jahre alt und hab hier mit meinem Bruder Martin und unseren Freunden aus Wien (den "Grössis") vor einem Heurigen ein paar kurze Spielfilmszenen gedreht, die wir uns spontan ausgedacht hatten. Wir hatten damals eine Videoausrüstung aus der Firma meiner Eltern (ein kleines Handelsunternehmen das semi-professionelle Videogeräte verkauft hat). Doch wir kannten uns nicht wirklich aus damit. So wussten wir z.B. nicht, dass die Kamera, die wir eingepackt hatten, gar kein integriertes Mikrofon hatte ... womit dann auch klar war, die Dialoge hätten wir uns eigentlich sparen können.
In den nachfolgenden Jahren bis 1986 haben ich in den Schulferien immer wieder kleine Kurzfilme gedreht, die ich damals ziemlich witzig fand (was mich heute eher wundert) und dabei immer mehr Spaß am Filmen gefunden, sodass ich nach immer "größeren Projekten" strebte und auch mal richtig lange Filme mit durchgehender Handlung, fixem Drehbuch, vielen Schnitten, Szenenwechseln, Titel, Filmmusik und allem drum und dran machen wollte (Irgendwas hab ich in der Aufzählung noch vergessen, aber ich komm nicht drauf...).
Das was mir für meine Filmpläne damals am meisten fehlte, waren vor allem Schauspieler und -rinnen (neben mir selber, aber ich dachte zu der Zeit noch, ich könnte ja nur eine Rolle selber spielen).
1985 Wer zum Teufel ist Pepi Wolf
Im Dezember 1985 hatte ich die Idee meinem Vater - der sich immer über kreative Bastel-Geschenke freute – einen Film zu schenken der (mehr oder weniger) über ihn handelt. Mein "ausgeklügelter Plan" dahinter war, dass ich auf diese Art leicht zu "Schauspielern" komme, weil ich da einfach den Bekanntenkreis meines Vaters "abgrasen" konnte und jedem gesagt habe: "Das wird ein Geschenk für meinen Vater, den Pepi, da machst Du eh mit, oder?" Und so haben neben meinem Bruder, auch mein Opa, 2 gemeinsame Freunde und 9 Leute aus seiner damaligen Firma in dieser wirren Produktion mitgemacht und mir auf dieser Art zu meinem ersten "Spielfilm" mit immerhin 35 Minuten durchgehender Handlung verholfen.
Etwas peinlich war mir dann allerdings, als mein Vater diesen Film auf einer größeren Familienfeier vorgeführt hat. Die vielsagenden ersten Kommentare, die danach aus dem "Publikum" kamen waren: "Das Beste waren die Anfangstitel" sowie "Das war jetzt aber ein langer Film".
1986 Brösel ermittelt 1
Die nächste Gelegenheit zu "Schauspielern" zu kommen, war dann im Juli 1986 eine Aktion in meiner Schule die sich "Interessensgruppen" nannte. Hier konnten Schüler Projekte aller Art einreichen und für 2 Tage war dann der jeweilige Schüler "Projektleiter" und konnte die anderen Schüler einspannen, die keine eigene Projektgruppe gemacht haben. Als ich davon gehört habe, hab ich mich gleich hingesetzt und ein Drehbuch für eine Kriminalfilm-Parodie geschrieben und das als "Projekt Videofilm" eingereicht. Eine Woche später hatte ich dann für 2 Tage 14 andere Schüler als "Schauspieler" für meinen Film zur Verfügung.
Die Produktion dieses Filmes lief absolut chaotisch ab. Das fing schon beim Drehbuch an. Ich hatte gerade mal eine Woche Zeit dafür, und weil ich wollte, dass es "umwerfend witzig" wird, hab mir einfach damit beholfen, dass ich ein Witzbuch her genommen habe, alle Witze die mir gefallen haben markiert habe und um die Witze herum dann eine an den Haaren herbeigezogenen Handlung "gehäkelt" habe. Somit war der Film dann leider auch voll mit "geklauten Gags". Genau das wurde dann aber zu einer guten Lehrübung für mich, wie man es NICHT machen darf. Denn als wir dann am Drehen waren, merkte ich erst wie schwer es ist, gute Witze auch gut rüberzubringen, wenn man nur "Schauspieler" hat, die alle noch nie vor einer Kamera gestanden haben und bei denen man schon froh sein musste, dass sie ihre Sätze halbwegs verständlich, annähernd so wie sie im Drehbuch standen und ohne deutlich erkennbaren Vorarlberger Dialekt raus brachten. Wobei ich dazu sagen muss, dass auch meine eigene schauspielerische Leistung damals unter jeder Kanone war.
Ich war damals 19 und hatte überhaupt noch nie eine Gruppe von Leuten in irgendwas angeleitet und sollte nun 14 Mitschülern als "Regisseur und Produzent" sagen, wie sie diese oder jene Szene spielen sollen, obwohl ich selber keinen Tau davon hatte.
Ein Riesen-Problem war auch, dass wir einen langen "Drehplan" für 4 verschiedene Orte hatten, und dass alles in 2 Tagen abgedreht werden musste. Für mich fing der Stress schon um 8 Uhr morgens am 1. Tag an, als einige meiner "Schauspieler" als erstes fragten, wie lange wir denn brauchen werden und ob sie "eh an beiden Nachmittagen dann möglichst früh schon baden gehen können". Die hatten sich lockere 2 Tage zu je 4 Stunden vorgestellt und das war's. Wie ich das geschafft habe, sie an dann zu motivieren doch länger zu bleiben weiß ich auch nicht mehr. Bei ein paar hat auf jeden Fall gewirkt, dass ich ihnen die besseren Rollen im Film gegeben habe, im Austausch für die Zusage länger zu bleiben.
Am Ende war ich zwar unheimlich stolz, dass ich es geschafft habe, den „Film“ in dieser extrem kurzen Zeit fertigzustellen. Aber ich muss schon sagen, das was ich damals als „Film“ bezeichnet habe, war genaugenommen noch einige Meter unter dem Niveau das man vernünftigerweise für reine Probeaufnahmen ansetzen sollte. Das sah man schon alleine an der Tatsache, dass ich dann beim Schneiden für diesen 27-minütigen Film nur insgesamt 81 Minuten Video-Aufnahmen zur „Auswahl“ hatte und die 54 im Film nicht verwendete Minuten bestanden zu einem nicht unwesentlichen Teil aus versehentlichen Aufnahmen vor oder nach der jeweiligen Szene, weil unser Kameramann den Ein/Ausschalt-Knopf nicht richtig getroffen hat.
Der Screenshot hier zeigt eine Szene aus diesem Film, die aus damaliger Sicht ein "organisatorischer Geniestreich" war. An der Stelle hätten wir laut Drehbuch, das Publikum eines Rock-Konzertes zeigen sollten, hatten aber viel zu wenig Leute dafür. Auf der schnellen Suche nach "Statisten" - für die wir ein „gefühltes Zeitbudget“ von einer halben Minute hatten - haben wir uns einfach damit beholfen, dass wir ein paar Schülerinnen der Interessensgruppe "Häkeln", die grad im selben Raum waren, auf die noch leeren Sessel gesetzt haben. Die haben dort weiter gehäkelt, während wir unsere Publikumsszene gedreht haben und das hat im Film so nebenbei noch einen "Zusatzgag" abgegeben. Denn es hat so ausgesehen, als wäre das Rock-Konzert so langweilig, dass da die Hälfte des Publikums zu häkeln beginnt.
1986 Rock me Brösel & Prädikat Wertlos
In den darauffolgenden Sommerschulferien 1986 war ich dennoch voll "Film-narrisch" und wollte unbedingt weitere Filme drehen - "noch bessere" wie ich es damals (weltfremderweise) ausdrückte. Heute würde ich sagen, wir haben es schlussendlich geschafft, uns auf einer Skala von 1 bis 10 von 1,1 auf 1,2 zu verbessern ...
Nach "Brösel ermittelt 1" hatte ich zum ersten Mal Freunde, die das Filmen (fast) so sehr interessiert hat wie mich, und mit denen ich auch sonst zu der Zeit "viel um die Häuser gezogen bin" (Was soviel heißt wie, wir haben alle versucht uns Freundinnen aufzureißen, aber keiner hatte Erfolg damit. Dementsprechend fiel zu der Zeit auch unser "Brainstorming" für einen Filmteamnamen aus - da kamen Vorschläge wie "Frustivision" oder "Depressive Artists").
Unsere damaliges Filmteam bestand neben mir aus den 4 "Jungs": Stefan Bickel, Harald Schnetzer, Dietmar Rohrer und Joachim Mayer.
Für die Filme, die wir in diesem Sommer drehten, hatten wir zwar viel mehr Zeit wie für "Brösel ermittelt 1" aber das heißt NICHT, dass es hier weniger chaotisch zuging. Im Gegenteil. Das totale Chaos fing schon beim Drehbuch-schreiben an. Wir hatten uns ungefähr eine Woche lang nicht gesehen und ich hab in dieser Zeit praktisch durchgehend an einem Drehbuch für meinen neuen Film namens "Rock me Brösel" geschrieben, der die Fortsetzung von "Brösel Ermittelt 1" werden sollte und in dem natürlich ich selber (wer sonst?) die Hauptrolle spielen sollte. Die Handlung des Filmes war mehr oder weniger, dass der vertrottelte Inspektor Brösel aus dem 1. Teil nun Rockstar wurde, denn Rockstar wollte zu der Zeit sowieso jeder pubertierende Jugendliche sein. Rockstar und Gitarren-Gott – das war damals der „Berufswunsch Nr. 1“ in unserem Alter.
Es folgte ein Treffen mit Stefan und Harald und SHOCK! Die beiden hatten in den vergangen Tagen ebenso ein eigenes Drehbuch geschrieben. Zwar völlig anders als ich - sie haben nur die Handlung (ohne Dialoge) geschrieben, aber die dafür komplett mit Anfang, Mittelteil und Ende und ich hatte fein säuberlich geschriebene Dialoge für den Anfang und Mittelteil des Filmes, aber kein Ende. Wir waren wohl alle 3 geschockt, dass die anderen auch was geschrieben haben und stellten bald fest, unsere Ideen sind so unterschiedlich, das lässt sich nicht kombinieren. Die Lösung: Wir haben beschlossen BEIDE Filme zu drehen und das nicht hintereinander, sondern GLEICHZEITIG!
Mal drehten wir eine Szene für diesen Film, mal eine für den anderen. Praktisch die gesamten Sommerschulferien 1986 haben wir fast täglich Filmszenen gedreht, wobei die meisten anderen "Schauspieler" außer Stefan, Harald und mir, oft gar nicht wussten, für welchen der beiden Filme wir jetzt grad drehen. Meistens war das Drehen recht witzig, manchmal aber auch frustrierend. Vor allem wenn uns Leute, mit denen wir bereits Szenen gedreht hatten, einfach nicht zu einem weiteren Dreh kommen wollten. Dieses Problem hatten wir ein paar Mal (auch in den kommenden Jahren bei weiteren Filmen). Im schlimmsten Fall mussten wir dann die Szenen, die wir mit diesen Leuten schon gedreht hatten, mit anderen nochmal drehen.
Für dieses "ganz alltägliche Super-GAU-Problem" haben wir in den kommenden Jahren zwei klassische "Standard-Work-Arounds" entwickelt:
"Drehbuch umschreiben" oder "Doppelrollen spielen".
Einerseits war's zwar oft ärgerlich, dass uns "Gastschauspieler" abgesprungen sind, aber andrerseits hat vor allem mir das Spielen mehrerer Rollen in einem Film so richtig Spaß gemacht und so bin ich kurioserweise zu mehr Rollen in Stefan und Haralds Film (namens "Prädikat Wertlos") gekommen, als mir mit die beiden "freiwillig gegeben hätten".
Endgültig fertiggestellt haben wir die Filme dann erst in den Weihnachtsferien 1986/1987. Ich kann mich noch gut an unseren "Konkurrenzkampf um die Anfangstitel" erinnern. Dietmar und Harald hatten damals einen der ersten Comodore Spielecomputer und mit dem haben sie computerisierte Anfangstitel gemacht. Daraufhin dachte ich mir "Mist, das kann ich nicht. Wie kann ich das toppen?". Meine Lösung war dann, dass ich die Titel in meinem Film auf Klopapier geschrieben habe, um mich so mit (Achtung Wortspiel) "analogen Mitteln" gehen die "High Tech Konkurrenz" durchzusetzen.
Klopapier - ein gutes Stichwort um das Niveau aller unserer Filme von 1986 abzustecken. Schon wenige Jahre später, waren sie uns allen dann nur noch peinlich, denn man merkt hier ständig, dass pubertierende Jugendliche am Werk waren, die sich möglichst cool darstellen wollen und am liebsten alle Rockstars wären. Die Filme sind voll von Playback Rockband-Auftritten, mit bekannten Hits der 80er Jahre.
Bezeichnend für die Qualität der Filme ist auch, dass ich 3 Jahre später aus den Original-Aufnahmen ein "Müllband" geschnitten habe - heute würde man das "Outtakes" nennen - also die besten verhauten und verlachten Szenen. Und dieses "Müllband" ist um einiges witziger geworden als die eigentlichen Filme. Schon 1989 haben wir festgestellt - hier waren eigentlich die Filme selber "das Müllband".
Heute sind das für mich alles nette Jugenderinnerungen und es ist schön, durch diese Filme einen Teil der eigenen Jugend auf Video zu haben und darüber lachen zu können wie blöd man früher doch noch war. (Und sich gleichzeitig einzureden heute doch viel schlauer zu sein ...).
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