Playback-Musikvideos (1987-1993)
Das Stichwort "wie blöd man damals doch war" aus dem letzten Kapitel (Die Anfänge) ist eine gute Überleitung zu den Playback-Musikvideos, die ich und "die Jungs" in den Jahren danach gedreht haben. Ende der 80er-Jahre war ich noch hellauf begeistert davon, bis irgendwann SOGAR ICH bemerkt habe, dass wir mit diesen Playback-Musikvideos unser lächerliches Möchtegern-Rockstar-Gehabe aus unseren 1986er-Filmen nur noch weiter auf die Spitze getrieben haben.
Die zahlreichen Playback-Bandauftritte, waren für mich DAMALS die Highlights aus unseren 1986er-Filmen und das ging nicht nur mir so. Zu der Zeit haben wir uns alle gerne als "Rockstars" gesehen.
Es waren vor allem meine Kumpels Dietmar Rohrer und Hannes Riedmann, die in den kommenden Jahren meine "Hauptmitstreiter" waren. "Shabby Madmen" nannten wir unsere "Playback-Musikvideo-Band" treffenderweise. (Alleine beim Wort "Playback-Musikvideo-Band" zieht es mir heute noch alle Eingeweide zusammen).
"Wie viele Musikvideos wir damals gemacht haben weiß keiner - will aber auch keiner wissen!" wurde später meine Standardaussage zu dieser Zeit. Inzwischen ist der Abstand zu "anno dazumal" aber so groß geworden, dass ich auch mal wieder drüber lachen kann, wie viel sinnlose Zeit unserer Jugend wir damit "vergurkt" haben.
Zu unserer Verteidigung kann ich allerdings anbringen, dass Playback-Musikvideos zu der Zeit absolut "angesagt" waren, denn damals war die weltweite Popularität des legendären ersten reinen Musikvideo-Fernsehsender MTV am höchsten. Zwar konnte man den Sender bei uns in der "Vorarlberger Provinz" noch gar nicht empfangen, dafür aber dessen Britische Kopie, den „Super Channel", der auch viele Stunden am Tag durchgehend Musikvideos spielte. Der "Höhepunkt" unserer "Playback-Musikvideo-Karriere" war dann, dass dieser "Super Channel" zwei unserer Musikvideos in einem "Amateur-Musikvideo Feature" ausgestrahlt hat. Natürlich nur ein einziges Mal irgendwann am Nachmittag, in miserabler Bildqualität und auf 1,5 Minuten gekürzt, aber so mancher von uns ist da halb ausgeflippt, sich selber im Fernsehen zu sehen, als hätten wir grad 12 Oscars am Stück gewonnen.
Der "Super Channel" ging dann übrigens etwas später Pleite ... Zufall? …
Es war schon eine andere Zeit damals. Aus heutiger Sicht war im Fernsehen alles viel primitiver und diesen Standard haben wir uns zum Vorbild genommen. Selbst in damals populären Filmen und Serien wie "Kottan ermittelt", waren derartige „Playback-Bands“ ein fixer Bestandteil. Genauso wie auf Maturabällen, wo es meist die Lehrer waren, die hier ihren umjubelten Auftritt als Playback-Band hatten.
Den großen Unterschied zwischen solchen Playback-Auftritten der Lehrer oder "Kottans Kapelle" zu dem, was wir in unseren Musikvideos gemacht haben, hat damals aber niemand von uns "geschnallt": Wenn ältere Leute Playback-Auftritte gemacht haben - idealerweise mit Tennisschlägern und Mülleimern statt richtigen Instrumenten - dann war es WITZIG, weil sie Rockstars PARODIERT haben.
Aber wenn jüngere Leute wie wir das machten - und zwar möglichst realistisch mit richtigen Instrumenten und Musikvideos, die ziemlich aufwändig produziert und rein technisch eigentlich (für die damalige Zeit) recht gut gemacht waren, dann war das KEINE Parodie mehr, sondern es wirkte wie der Versuch so zu tun, als wären wir wirklich die Leute, die die Musik gemacht haben. Und für sowas gab es genaugenommen auch damals schon nur ein passendes Wort, mit dem sich die Wirkung dieser Playback-Musikvideos vollumfänglich beschreiben ließ: PEINLICH!
Dass da irgendwo eine Grenze zwischen WITZIG und PEINLICH verläuft, über die wir bereits meilenweit drüber geschlittert sind, war mir damals zumindest in den ersten 2-3 Jahren noch nicht bewusst. Doch zu meiner Schande muss ich gestehen, 1989 dämmerte es mir dann doch, dass wir hier irgendwie „in der doppelt falschen Richtung in einer Sackgasse unterwegs“ waren. Weil was soll man denn bitte mit Musikvideos anfangen, die man nicht mal legal irgendwo vorführen könnte, weil man die Rechte zur Musik nicht besitzt?
Aber dennoch ... irgendwie wollte ich es halt immer noch nicht so ganz wahr haben, wie viel sinnlose Zeit ich da schon rein gesteckt habe. Daher machte ich vorerst mal von der „altbewährten Verdrängungs-Taktik“ Gebrauch und hab 1991 und 1993 nochmal zwei weitere recht aufwändig produzierte Playback-Musikvideo gemacht.
Das letzte dieser Art war für unseren damaligen Film "So Nicht". Ich kann mich noch gut an unseren aller letzten Playback-Musikvideo-Drehtag erinnern. Hier stand ich mit meinem Kumpel Bernhard Linder am 30. April 1993 mit Langhaar-Perücken und E-Gitarren bewaffnet, neben den Gleisen des Wiener Vororte-Bahnhofs Penzing und wir beide zogen wie wildesten Rockstar-Posten ab und zwar immer dann, wenn hinter uns ein Zug vorbei gefahren ist. Etwas später hat uns dann ein Bahnhofsmitarbeiter dort verjagt, denn angeblich mussten alle Züge wegen uns langsamer fahren. Sie haben uns offensichtlich als „klassisches Sicherheitsrisiko“ eingestuft.
"Kollege Bernhard" (der damals schon eigene Musik gemacht hat) sagte an dem Tag immer wieder: "Was machen wir bitteschön da? Wir posten zur Musik anderer. Wie alt sind wir denn eigentlich?" Dennoch hab ich das Video dann fertig gemacht und in die Ur-Version unseres damaligen Filmes "So Nicht" eingebaut. Doch gleich nach der ersten Vorführung kamen die völlig vorhersehbaren Kommentare, wie: "Du der Film ist ja witzig, aber das Musikvideo passt da nicht wirklich rein oder?".
Das hieß für mich dann „Kollege Linder hatte doch recht“. Wenige Tage später war der Film dann um genau diese Szene kürzer und das war’s dann endgültig für mich mit „Playback-Musikvideos“.
Nächstes Kapitel: Ein Fall für Interfool